Basta, es reicht!
Freiburgs Italiener fordert den sofortigen Rücktritt von Premierminister Berlusconi
Freiburg im Breisgau, April 2011 – Sie haben es satt, sich ständig für ihren peinlichen Premierminister rechtfertigen zu müssen: Mit einem Infostand am Freiburger Kartoffelmarkt forderten in Freiburg lebende Italiener den Rücktritt ihres Premierministers Silvio Berlusconi und sammelten 381 Unterschriften, die den hiesigen Abgeordneten des Europäischen Parlaments übergeben werden sollen. „Wir wünschen uns, dass die EU dazu eine klare Stellung bezieht und sich für Pluralismus und Rechtsstaatlichkeit beim EU-Gründungsmitglied Italien stark macht“, so das Ziel die Initiative. Nur für die italienischen Staatsbürger lag am Infostand auch eine Petition für den Rücktritt Berlusconis bereit; die bisher gesammleten ca. 200 Unterschriften werden demnächst dem italienischen Konsul übergeben.
„Berlusconi erfüllt alle negativen Klischees über uns Italiener und ruiniert damit das positive Bild Italiens, das gerade wir Auslandsitaliener in Europa maßgeblich mitgeschaffen haben“, ärgert sich der Gastwirt Angelo Pellegrini. Er hatte den Stein vor einigen Wochen ins Rollen gebracht, indem er Anti-Berlusconi-Plakate drucken ließ, die anschließend in seinem Restaurant und anderen italienischen Läden und Gaststätten in Freiburg ausgehängt wurden und auf große Resonanz in der Öffentlichkeit stießen. Daraus entwickelte sich die Initiative „Friburgo dice basta!“ (Freiburg sagt, es reicht!), deren erste öffentliche Aktion nun der Infostand am 2. April war. Sowohl die dargebotene Information als auch die musikalische Untermalung durch die in Freiburg lebenden italienischen Künstler Mimmo di Lipari und Massimo Soavi zogen zahlreiche Passanten an. Und es soll nicht bei dieser einmaligen Aktion bleiben: So wird es am 3. Mai einen Kinoabend mit Dokumentarfilmen über Berlusconis politische Machenschaften und das über seine TV-Kanäle transportierte Frauenbild geben.
Berlusconi ist nicht nur peinlich, sondern gefährlich für die Demokratie
Problematisch an Berlusconi sind nach Ansicht von „Friburgo dice basta“ nicht in erster Linie seine Sexpartys mit Minderjährigen, die ihn in letzter Zeit ins Gerede brachten, sondern vielmehr sein Machtmissbrauch und die von seinem Parteienbündnis seit vielen Jahren betriebene, schleichende Aushöhlung der demokratischen Institutionen Italiens. Dazu gehören auch zahlreiche „Ad-personam“-Gesetze, die ausschließlich zu Berlusconis persönlichem Vorteil konzipiert wurden: So entging Berlusconi mehrmals einer gerichtlichen Verurteilung, indem per Gesetz rechtzeitig Verjährungsfristen verkürzt wurden. Hinzu kommen seine ständigen Versuche, die Unabhängigkeit der italienischen Justiz in Frage zu stellen. „Italien befindet sich auf dem Weg in ein präfaschistisches System“, sagt die Übersetzerin Irene Pacini, die seit über 20 Jahren in Freiburg lebt und die politischen Systeme in Deutschland und Italien gleichermaßen gut kennt. „Und viele Leute merken es nicht einmal, weil ihnen entsprechende Informationen durch Berlusconis Medienmonopol – er kontrolliert vier private und zwei öffentlich-rechtliche TV-Programme sowie die Hälfte der überregionalen Presse – systematisch vorenthalten und Kritiker mundtot gemacht werden.“
Obwohl es am Aktionstag auch vereinzelt kritische Stimmen gab („Ihr beschmutzt das Bild Italiens in der Welt“), erfuhren die Initiatoren von Friburgo dice basta viel Zuspruch sowohl von italienischen als auch deutschen Passanten: Die Veranstalter zeigten sich denn auch äußerst zufrieden: „Die Resonanz war überwältigend, wir mussten zweimal Unterschriftenblätter nachproduzieren.“ Am Ende waren 381 Unterschriften von zusammengekommen, die nun an die EU-Abgeordneten von Baden-Württemberg überreicht werden sollen. „Wir wollen auch mithelfen, damit er bald weg ist“, kommentierte eine ältere Freiburgerin beim Unterzeichnen.