Der Korken und die Opposition
B. ist ein Korken. Der große Korken auf der Regierungskoalition. Nur er schafft es, die kleinen und großen politischen Akteure von Mitte-Rechts zusammenzuhalten, nur er vermag es – wenn auch mit zunehmender Mühe -, zwischen den Partnern zu vermitteln und unzufriedene Abgeordnete mit handfesten Argumenten (Pfründen und Staatssekretärsposten) – bei der Stange zu halten. Darin ist er unersetzlich, zumindest vorerst. Weder durch Tremonti noch Maroni oder kleinere Politikaster wie Cicchitto, Alfano oder (Gott behüte!) Gasparri.
Aufgabe des Korkens ist es, internem wie externem Druck zu widerstehen. Der Korken B. ist allerdings längst brüchig geworden, mit ablaufendem Verfallsdatum. Er kann in 4 Monaten mit einem Knall rausfliegen, oder erst in ein paar Jahren, aber sein Schicksal ist besiegelt, wenn es ihm nicht noch im letzten Moment gelingt, sich von der gegenwärtigen Mehrheit zum Staatspräsidenten wählen zu lassen. Natürlich hoffen wir, dass es dazu nicht kommt: lang lebe Präsident Napolitano!
Wenn der Korken rausfliegt, wird die Mitte-Rechts-Koalition in Schwierigkeiten geraten, weil dann zwischen ihren Komponenten, die jetzt vor dem Chef kuschen, der Wettlauf um Sichtbarkeit und Macht beginnt. Ohne den Korken werden sich die Geister aus der Flasche PdL/Lega befreien. Einige von ihnen – darauf kann man im Land des Lagerwechsels wetten – werden dann zu neuen Ufern streben, wo diese dann auch immer in Sicht sind.
Mitte-Links hat weder Korken noch Chef. Es hat nicht einmal eine charismatische Führungsfigur, die fähig wäre, alle oppositionellen Bestrebungen unter einen Hut zu bringen. Vor allem scheint es noch keine Strategie zu geben, wie die Ära von B. zu beenden ist.
Es gibt viele Stimmen, von Vendola bis Fini, über Bersani, Di Pietro und Casini. Sie wetteifern darum, sich Gehör zu verschaffen, aber einen aufeinander abgestimmten Chor bilden sie noch nicht. Außerhalb des Chors ist das Geschrei von Grillo und den Seinen zu vernehmen: Wie der Dritte Pol um Fini und Casini will auch die 5 Sterne-Bewegung keine Bündnisse eingehen und zielt stattdessen darauf, nach den Wahlen ins Spiel zu kommen.
Es gibt tausend Gründe für ein wirkliches Einvernehmen innerhalb der Linken: von der Schwere der Wirtschaftskrise, die den bescheidenen Wohlstand der Italiener bedroht, bis zur Gefahr, erneut nur eine schwache Regierungskoalition zustande zu bringen. Und dann gibt es noch das Wahlgesetz, das jeden, der gewinnen will, zur vorherigen Partnersuche zwingt. Das Problem ist, dass das Erfolgsrezept nicht nur in einem Wahlkartell bestehen kann, in einem Sammelsurium von Etiketten, hinter dem kein erkennbares Projekt und keine starke und anerkannte Führungsfigur steht. Obwohl sicherlich viele bereit wären, ein solches Abkommen zu unterschreiben, um zunächst Kandidatenplätze und dann Parlamentssitze zu ergattern, und dabei den Moment, in dem man wirklich Stellung bezieht, auf die Zeit nach der Wahl zu verschieben.
Es ist jedoch mehr als fraglich, ob eine so heterogene und improvisierte Koalition von der mitte-linken Wählerschaft honoriert würde. Die schmerzliche Erinnerung an das Ende der letzten Prodi-Regierung, die an ihren eigenen Widersprüchen zerbrach, ist noch lebendig.
Ein reales Bündnis einzugehen und ein Regierungsprogramm aufzustellen, das angesichts der von B. hinterlassenen schweren sozialen und ökonomischen Erbschaft glaubhaft und praktikabel ist, und dann auch gemeinsam einen Leader zu bestimmen und eine Regierungsmannschaft aufzustellen, die auch in stürmischen Gewässern dauerhaft handlungsfähig bleibt, das müssten jetzt für Mitte-Links die Prioritäten sein. Bis jetzt waren sie es noch nicht.
Dennoch haben die Kommunalwahlen dieses Mals gezeigt, dass der Sieg möglich ist. Aber dafür werden Führungsfiguren benötigt, die in der Lage sind, die verschiedenen Beiträge zusammenzufassen und das ganze Land anzusprechen, nicht nur die eigenen Unterstützer. Dies war das Geheimnis von Pisapia in Mailand: ein Linker, der auch die Wähler des Zentrums überzeugte, und von De Magistris in Neapel, dem auch die PD-Wähler – die ihn in der ersten Wahlrunde noch nicht wählten – jetzt geschlossen ihr Vertrauen aussprachen. Die Kommunalwahlen waren wichtig, aber es wäre ein Irrtum zu glauben, dass neue Parlamentswahlen jetzt zu einem Spaziergang werden.
Als größter Oppositionspartei kommt der PD die Aufgabe zu, sich um eine arbeitsfähige Regierungsmannschaft mit einem glaubhaften Programm zu bemühen. Den kleineren Partnern von Mitte-Links kommt die Aufgabe zu, sich daran zu beteiligen und ihren ideellen und personellen Beitrag mit Redlichkeit und Respekt gegenüber den Wählern zu verbinden. Allen müsste klar sein, dass es niemand allein schaffen kann.
Den Zeitpunkt der Veränderung kann die Linke nicht vorherbestimmen. Wenn aber der Korken aus der Flasche fliegt, wird man nicht mit improvisierten und hastigen Vereinbarungen reagieren können. Sondern man muss auf die neue Wahlrunde vorbereitet sein, um nicht B.s Erben Italien für weitere 10 Jahre als Geschenk zu überlassen. Wenn Mitte-Links wirklich Italien aus dem politischen Bunga Bunga herausführen will, müssen dafür die Vorbereitungen jetzt beginnen. Ohne weitere Verzögerung.