Trick 17

Die italienische Staatsverschuldung wird in diesem Jahr auf 120 % des jährlichen Bruttosozialprodukts ansteigen. Obwohl sich Italien unter Berlusconi jährlich weiter verschuldete, verharrt die Wirtschaft im Nullwachstum. Kein Wunder, dass die Rating-Agenturen öffentlich Italiens Kreditwürdigkeit bereits in Zweifel ziehen, das Land sei ein möglicher Abstufungskandidat.

Die EU machte Italien die Auflage, bis 2014 einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen, d. h. bis zu diesen Zeitpunkt ein Defizit in Höhe von 47 Mrd. € abzuschmelzen. B. hat feierlich versprochen, diese Auflage zu erfüllen, und sein Finanzminister Tremonti wird bei jedem Brüssel-Besuch erneut darauf eingeschworen.

Jetzt hat der Ministerrrat einen Plan verabschiedet, wie es die Regierung umsetzen will. Zur Vorgeschichte gehört, dass Berlusconi und Bossi nach den verlorenen Kommunalwahlen im Mai die geniale Idee hatten, sofort die Steuern zu senken. Dies, so ihre tiefschürfende Diagnose der Wahlniederlage, sei im Eifer von B.s Gefecht gegen die Justiz allzu sehr in den Hintergrund getreten, es müsse nun schleunigst nachgeholt werden. Dass darin ein gewisser Widerspruch zum Abbau des Haushaltsdefizits stecken könnte, wurde „vergessen“. Tremonti, der es sich erlaubte, auf diesen Widerspruch hinzuweisen, wurde zum Spielverderber erklärt, Berlusconi und Bossi setzten ihn gemeinsam unter Druck.

Auf den ersten Blick hielt Tremonti dem Druck stand. Denn er setzte einen Haushaltsplan durch, der von substantiellen Steuersenkungen absieht. Stattdessen legte er eine Liste von Einsparmaßnahmen vor, die so oder ähnlich jetzt überall in Europa auf der Tagesordnung stehen: Erhöhung des Rentenalters der Frauen auf 65 Jahre, verstärkte Bindung des allgemeinen Renteneintrittsalters an die durchschnittliche Lebenserwartung; Einführung zusätzlicher Gesundheitsgebühren; Stellenabbau und Lohnpause im Öffentlichen Dienst. Besonders kurzsichtig ist die Absicht, im bereits gepeinigten Bildungsbereich weitere Einsparungen vornehmen zu wollen. Was auch ein paar populistische Bonbons – zusätzliche Besteuerung höherer Autoklassen, Einschnitte bei den Einkünften von Ministern – nicht wettmachen können. Ob dies alles ausreicht, um ein 47 Milliarden-Defizit abzuschmelzen, ist sehr zu bezweifeln. Von einer Erhöhung der Mehrwertsteuer, die im Vorfeld diskutiert wurde, ist jedenfalls keine Rede mehr. Was nicht bedeutet, dass sie wirklich vom Tisch ist.

Der eigentliche Clou des Einsparungsplans ist jedoch ein anderer Punkt, der offenbar B. besonders am Herzen lag. Die Einschnitte werden zeitlich gestaffelt. Im laufenden Jahr 2011 sollen armselige zwei, im Haushaltsjahr 2012 fünf Milliarden eingespart werden. Die restlichen 40 Milliarden werden auf die Jahre 2013 und 14 verschoben. Und somit auf die Zeit nach der gegenwärtigen Legislaturperiode.

Das ist der Trick 17, den Berlusconi und Bossi Tremonti abgerungen haben und auf den B. besonders stolz ist. „Blut und Tränen“ der Haushaltseinsparungen werden der zukünftigen Regierung aufgehalst. Eine tolle Idee, die B.s ganzen Verantwortungssinn für Italien zeigt. Was die EU und die Rating-Agenturen zu dieser Verschiebe-Taktik sagen, wird sich jetzt zeigen. Auf jeden Fall verhält sich B. wie ein unsolider Spekulant, der alles, was weh tut, auf morgen verschiebt. Oder er rechnet insgeheim doch damit, die nächste Wahl zu verlieren. Dann kann die Sintflut ruhig kommen.

Sogar die Einschnitte in die Minister-Gehälter sollen erst in der nächsten Legislaturperiode stattfinden. Seinen zusammengekauften Haufen muss B. bei Laune halten.

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