B. hat nichts zu sagen

Während die europäischen Börsen, die italienischen vorneweg, abstürzen und schnell beträchtliche Verluste verzeichnen, sind es einzig Staatspräsident Napolitano und die – in diesem Punkt endlich vereinte – Opposition, die Verantwortung zeigen. Wer seit Tagen schweigt und sich wahrscheinlich in einer seiner Villen verkrochen hat, ist Berlusconi. Seit Tagen tritt er öffentlich nicht mehr auf. Sogar eine telefonische Standleitung mit dem Konvent seiner Partei, die für Sonntag vorgesehen war, sagte er ab. Der Grund für sein Schweigen sei, so sein persönlicher Sprecher, „der Wunsch, keine überstürzten Erklärungen abzugeben“.

Nach dem Schwarzen Freitag, zu dem es am 9. Juli an den Börsen kam, könnte man meinen, dass B.s Diskretion auf die schwierige Situation des Landes, auf den enormen Schuldenberg, der die Italiener zu ersticken droht, oder auf die Sorge um ein weiteres Anwachsen der Zinsdifferenz zwischen italienischen und deutschen Staatsanleihen zurückzuführen sei. Aber nichts da! Seine ganze Sorge gilt seinen Privatgeschäften: Ein Pool von Rechtsanwälten bereitet gerade die Antwort auf das Berufungsgericht vor, das seine Fininvest auf zivilrechtlichem Wege zur Zahlung von 560 Mio. Euro verurteilte, um De Benedettis CIR für den ihr zugefügten Verlust zu entschädigen. Ein Urteil, welches noch einmal gerichtsfest macht, dass er sein Vermögen nicht nur seinem – sicherlich vorhandenen – unternehmerischen Geschick, sondern auch Korruption und Betrug verdankt.

Früher oder später wird auch B. sich äußern, aber es ist schon jetzt klar, dass er nichts zu sagen hat. Angesichts des Zerfalls seiner Politik – und leider auch der Ersparnisse von Millionen Italienern – tröstet er sich mit einer numerischen Parlamentsmehrheit, welche die Angst vor dem Machtverlust paralysiert. Auch dabei zeigt sich B. als der, was er nun einmal ist: als politischer Scharlatan, als großer Kommunikator von Illusionen. Die Liste seiner nicht gehaltenen Versprechen, von der Steuersenkung bis zur Brücke über die Straße von Messina, ist ellenlang. Man kann darauf wetten, dass noch weitere dazukommen werden, denn auch in dieser dramatischen Phase Italiens wird er alles Mögliche und Unmögliche versuchen, um an der Macht zu bleiben. Und jeden Ausweg aus der Krise zu verhindern, der mit seinem Rücktritt verbunden wäre.

Zu B.s Rücktritt und dem seiner Regierung wird es nicht aus seinem freien Willen und noch weniger aus Verantwortungsbewusstsein kommen. Auch weitere Urteilssprüche der italienischen Gerichte werden ihn nicht zu Fall bringen. Zu Fall bringen werden ihn die Schläge der internationalen Finanzmärkte, die zwar B. nicht die Alleinschuld an der italienischen Krise zuschreiben, aber bei ihm ein klares Desinteresse an wirtschaftlichem Wachstum und an einem ausgeglichenen Staatshaushalt registrieren. Ebenso wie die vielen nicht eingehaltenen Versprechen des Scharlatans der Villa Arcore.