Renzi for President?
Die Vorwahlen von Mittelinks stehen unmittelbar bevor: Am 25. November kann man sich – auch in Deutschland – für einen der fünf Kandidaten entscheiden: Pierluigi Bersani (PD), Bruno Tabacci (API), Laura Puppato (PD), Nichi Vendola (SEL), Matteo Renzi (PD).
Es ist nicht leicht, den Sieger vorherzusagen, aber es ist sehr wahrscheinlich, dass Vendola, Tabacci und Puppato die Plätze drei bis fünf unter sich ausmachen. Der Bürgermeister von Florenz, Renzi, fordert Bersani heraus, den amtierenden Generalsekretär der Demokratischen Partei, der schon Minister unter Prodi war, und macht ihm nicht nur die Kandidatur für den Ministerpräsidenten, sondern auch die Führung der PD streitig.
Seine Anhänger sagen, es gebe strukturelle programmatische Differenzen zwichen den beiden Kandidaten und verbinden Renzi mit dem „Neuen“, dem „Modernen“, dem „Jungen“ – gegenüber dem „alten“ Bersani, der schon bei der PCI und ihren Nachfolgegründungen PDS und DS dabei war, bevor er die PD mitgründete.
Sogar die Regierungszeit mit Prodi und die Präsidentschaft der Emilia Romagna wird ihm jetzt vorgeworfen, nach dem Grundsatz: „Raum schaffen fürs vorwärtsdrängende Neue „.
Das „Neue“ von Renzi
An einer Stelle seines Programms („Qualität durch Bewertung und Leistung“) erklärt Renzi, sein Programm verfolge „das Ziel, das bisher geltende Entwicklungsmodell grundlegend zu überdenken“, indem er den produktiven Schichten Ressourcen zukommen lassen will, die er vorher „dem Bereich der politischen Vermittlung staatlicher Ressourcen“ entzog – ein komplizierter Satz, um Einfaches zu sagen: weniger Staat, mehr Privatinitiative.
Nach seiner Vorstellung müsste der Staat weniger zum Erwerb von Gütern und Dienstleistungen ausgeben, Investionen und Anreize reduzieren, die EU-Gelder anders verwenden und den öffentlichen Sektor herunterfahren.
Man kann sich vorstellen, dass es in der Demokratischen Partei und in der Koalition viele gibt, die Vorstellungen, welche eher dem Arsenal neoliberaler Ideologien als den historischen Werten von Links und Mittelinks zu entstammen scheinen, mit Misstrauen begegnen.
Tatsächlich sagt Renzi, dass “ Gerechtigkeit, Würde, eine Gesellschaft, in der jeder alle Möglichkeiten hat, sein Potenzial und seine Wünsche zu verwirklichen, linke Werte sind“. Um hinzuzufügen, dass „die Linke nicht immer die Fähigkeit hatte, sie mit der nötigen Entschiedenheit zu vertreten“, was sich bei genauer Untersuchung als wahr herausstellen könnte. Die Hauptkritik Renzis gegenüber der traditionellen Linken (und ihrem Anführer Bersani) lautet jedoch, dass sie dabei nicht zu den richtigen Mitteln griff, indem sie mehr auf den Eingriff des Staates als auf die selbstheilenden Kräfte des Marktes setzte.
Die Farben Romneys
Was Italien nach der Vorstellung Renzis fehlt, ist schnell gesagt: „Mehr Markt und mehr Solidarität“, wie er wörtlich in seinem Programm schreibt. Während das staatliche Handeln eingeschränkt werden soll, muss sich der Markt, das heißt die Privatinitiative auf der Grundlage freier Konkurrenz entwickeln können.An diesem Punkt kann man mit Recht fragen, wo die Solidarität bleibt. In der Vision von Renzi ist sie nicht der Polarstern, der jedes Regierungshandeln lenkt, sondern eine Aufgabe, die an die Zivilgesellschaft zu delegieren ist.
Es mag Zufall sein, aber die Webseite des Pro-Renzi-Komitees vermeidet alle grafischen Bezüge auf die PD, und erscheint stattdessen in den Farben, die auch Romneys Republikanische Partei verwendet…