Monti kündigt seinen Rücktritt an

Monti ist kein Mann, der um Aufschub bittet. Ein Tag nachdem Alfano, PdL-Generalsekretär von B.s Gnaden, verkündet hatte, seine Partei entziehe Monti die Unterstützung, war Monti bei Staatspräsident Napolitano, um seinen Rücktritt anzukündigen. Wobei er sich um einen geordneten Abgang bemüht: Vorher soll noch das Haushaltgesetz für 2013 verabschiedet werden. Ob es Monti auch schafft, zum Abschied die von Napolitano gewünschte Schuldenbremse in der Verfassung zu verankern, ist allerdings fraglich.

Der gewissenlose Taktiker

Der gewissenlose Taktiker

B. reißt die Initiative an sich

Dass er Italien damit in eine neue Krise stürzt, kümmert B. wenig. Zwar stieg der Spread seit dem Vertrauensentzug wieder um 60 Punkte, aber der ist sowieso nur eine Merkelsche Verschwörung gegen ihn. Ihm jedenfalls bringt sein letzter Schachzug ein paar Pluspunkte ein, die hier noch einmal zusammengefasst werden sollen:

  1. Indem er Monti nun vorzeitig „den Stecker rauszieht“, sieht er die Chance, sich an die Spitze des Volkszorns gegen Montis Sparpolitik zu setzen.
  2. Für B. sehr wichtig ist ein Punkt, über den in der gegenwärtigen Aufregung kaum jemand spricht, der aber für B. eine tödliche Bedrohung darstellt: Montis Dekret, das es verurteilten Straftätern verbietet, weiterhin das Parlament zu bevölkern, kann nun wieder in der Schublade verschwinden.
  3. Das gleiche Schicksal wird der Versuch erleiden, noch im letzten Moment ein neues Wahlgesetz zu verabschieden. B. behält die volle Kontrolle über die Kandidatenliste der PdL.
  4. B.s Akklamationsverein, die PdL, die seinen Anhängern Auskommen und Karriere versprach, aber in den vergangenen Wochen und Monaten orientierungslos war, eint (mit wenigen Ausnahmen) wieder die Hoffnung auf Machterhalt.
  5. Die alte Achse zwischen B. und Lega wird wiederbelebt. Denn die Grundforderung der Lega, dass B. mit Monti bricht, ist erfüllt.
  6. Das sich bildende neue und für B. gefährliche Zentrum gerät unter Zeitdruck, seine Formierung könnte ins Stocken geraten (wofür es bereits Anzeichen gibt).

Das sind Pluspunkte, die sich B. jetzt gutschreiben kann. Eine Kleinigkeit bleibt noch zu tun: Er muss auch die Wahl gewinnen. Und da er selbst dafür sorgte. dass das „Porcellum“ in Kraft bleibt, muss sein Wahlbündnis mit der Lega nur die relative Mehrheit der Stimmen einfahren, damit es wieder die absolute Mehrheit der Sitze im Parlament wird.

Die populistische Karte

Im Moment ein fast aussichtsloses Unterfangen, denn das Mittelinks-Bündnis PD – SEL liegt weit vorn. Zudem könnte Montis vorzeitiger Rücktritt eine für B. unerwünschte Nebenwirkung haben: Wenn Monti jetzt über seinen professoralen Schatten springt, die Rolle des „Überparteilichen“ aufgibt und sich zur Spitzenkandidatur für das neue Zentrum durchringt, könnte dies dem Zentrum wieder Auftrieb geben – trotz Montis Sparpolitik ist der Bonus, über den der integre Monti in der Bevölkerung verfügt, immer noch groß. Aber Vorsicht: Dass B. Monti wenige Monate vor dessen „natürlichem“ Abgang stürzt, zeigt, woher der Wind von nun an wehen wird: B. wird versuchen, das Ruder mit einer Demagogie herumzureißen, die alle Hemmungen abstreift – und die über alle für ihn erreichbaren Fernsehsender ausgestrahlt wird (das sind nicht wenige). Seine Botschaft ist schon jetzt klar: Runter mit den Steuern, Schluss mit einer Sparpolitik, die das Land in Elend und Rezession treibt, und mit dem „germanozentrischen“ Europa. Kann man sicher sein, dass dies auf taube Ohren stößt? Der soziale Zündstoff, der sich in Italien anhäuft, ist groß – und das Gedächtnis kurz. Käme Deutschland in eine ähnliche Situation: Wer legt die Hand ins Feuer, dass wir gegen die populistische Versuchung immun blieben?

Nicht nur Rechts oder Links

Die bevorstehende Wahl wird in vielerlei Hinsicht für Italien entscheidend sein. Schon bisher war klar, dass sie nicht nur zur Auseinandersetzung zwischen Links und Rechts, sondern auch mit dem Populismus eines Beppe Grillo wird. Nun versucht B. seine eigene populistische Wiederauferstehung. Damit wird die Wahl auch zur Kraftprobe zwischen einem Zentrum, das demokratisch, proeuropäisch und konservativ ist, und einer Rechten, die populistisch, antieuropäisch und korrupt ist. Der Ausgang ist ungewiss und hängt auch von individuellen Entscheidungen ab. Zum Beispiel vom preußischen Pflichtgefühl eines Mario Monti, der eigentlich lieber den Professor macht, aber jetzt den Beweis dafür antreten könnte, dass es für die Italiener, die Mitterechts wählen wollen, nicht nur das Angebot Berlusconi gibt.

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