Wahlkampf zwischen drei Polen (2) – Mittelinks und Zentrum

Mittelinks

Die zwei Bündnispartner

Die zwei Bündnispartner

Das Bündnis PD–SEL, dem immer noch die größten Wahlchancen zugesprochen werden, ist die „natürliche“ Alternative zum abgewirtschafteten Berlusconi-Regime. Als große Volkspartei ist die PD, der die letzte Umfrage knapp 30 % gab, stets bereit, Verantwortung zu übernehmen. Weshalb sie 2012 die „technische“ Regierung Monti unterstützte und sich heute eine Koalition mit Monti offen hält. Ihr „linkes“ Profil schärft sie durch das Bündnis mit SEL. Programmatisch steuert sie auf mittlerem Kurs: Sie will Montis Sparkurs fortsetzen, aber auch über ihn „hinaus“, indem sie die Steuerlast gerechter verteilt und die Beschäftigungsförderung in den Mittelpunkt stellt.

Der kleinere Partner SEL liegt bei 3 bis 4 %, Tendenz fallend. Mehr noch als die PD neigt SEL dazu, sozialstaatliche Errungenschaften um jeden Preis zu verteidigen. Weshalb es im vergangenen Jahr zu Monti, der beispielsweise im italienischen Kündigungsrecht ein Wachstumshindernis sieht, in Opposition ging. Das Verhältnis zu Monti bleibt umstritten. Eine Belastung für die nächste Regierung, wenn sich diese nur mit Monti bilden lässt.

Das Mittelinks-Bündnis hat im Wahlkampf zwei Schwachpunkte. Der eine ist die Konkurrenz von Ingroia, der das Verhältnis zu Monti zum Prüfstein der Linken hochpuschen will. Mit der Gleichung: „SEL paktiert mit PD, PD paktiert mit Monti, also paktiert SEL mit Monti“, jagt Ingroia SEL linke Stimmen ab. Auch auf die Gefahr hin, damit B. zu helfen.

Der zweite Schwachpunkt hat mit dem KPI-Erbe der PD zu tun. Im mittelitalienischen „roten Gürtel“ gibt es Kommunen, die von der KPI und ihren Nachfolge-Parteien schon seit Jahrzehnten regiert werden. Ihre Verwaltung gilt zwar als vergleichsweise „sauber“, aber zu Korruptionsfällen kam es auch dort. Als vor wenigen Wochen bei der Bank „Monte dei Paschi“ im „roten“ Siena ein Korruptions- und Vertuschungsskandal (Verlustgeschäfte mit faulen Wertpapieren) aufflog, genügte die gute lokale Vernetztheit der Bank, um potenzielle PD-Wähler misstrauisch zu machen. Ob zu Recht oder nicht, ist noch nicht geklärt.

Der dritte Pol um Monti

Als sich Monti vor einigen Monaten entschloss, mit einer eigenen Liste anzutreten, glaubte er noch, die Wertschätzung, die er bei vielen Italienern aufgrund seiner Integrität und Kompetenz genießt, in eine große Reformbewegung unter seiner Führung ummünzen zu können. Um auf dieser Basis die anderen politischen Formationen ultimativ zur Unterstützung seiner „Agenda“ auffordern zu können.

Inzwischen hat der politische Alltag auch ihn eingeholt. Der Aufbau der Zentrumspartei stockt, der lokale Unterbau fehlt. Das Bündnis, das jetzt unter Montis Flagge antritt, ist ein Sammelsurium von Parteien und Gruppen, dessen Zugpferd Montis „Bürgerwahl“ ist. Die Meinungsforscher geben ihm höchstens 15 % (davon Montis „Bürgerwahl“ 10 %) – weniger als Grillos 5-Sterne-Bewegung. Das konservative Wählersegment (gegen „links“ und gegen B.) bleibt schmal.

Montis zusätzliches Problem ist die Frage, wie er dieses Segment ansprechen soll. Jedermann weiß, dass er bei dem von ihm angestrebten Reformbündnis auf Mittelinks angewiesen ist. Die nötige programmatische Schnittmenge wäre vorhanden: eine wachstumsfördernde Steuerreform, Kampf gegen Steuerflucht, Bürokratieabbau, Justiz- und institutionelle Reformen, neues Wahlgesetz, Interessenkonflikt usw. Streitpunkte im Bereich Arbeitsmarkt müssten sich durch Kompromisse überbrücken lassen. Aber unter dem Druck von B.s demagogischer Wahlkampfführung („Monti = Bersani“) weicht Monti in die „Äquidistanz“ aus – indem er den linken Flügel der PD zum gleichen Gegner wie B. erklärt und Camussos Arbeitsplan mit B.s Luftblasen gleichsetzt. Womit auch er dazu beiträgt, das mögliche spätere Regierungsbündnis zu belasten.

Schreckliche Vereinfacher

Mehr als die Reformen beherrscht die Rhetorik solcher Gleichsetzungen den Wahlkampf. B. (von rechts) und Ingroia (von links) setzen Monti mit Bersani gleich. Monti sieht keinen Unterschied zwischen Bersanis „linkem Flügel“ und B. Für Grillo ist alles eine korrupte Mischpoke (einzige Ausnahme: Grillo). Sich seiner eigenen Besonderheit zu versichern, indem man im Anderen nur feindliches Einerlei sieht, mag in der Jugend identitätsstiftend sein. In der Politik züchtet es Lagermentalitäten, welche reale Fronten vernebeln und Reformen erschweren. Denn diese sind nun einmal meist nur im Bündnis möglich. Was aber voraussetzt, im Anderen nicht nur das Übel zu sehen, sondern das kleinere vom größeren Übel zu unterscheiden. Eine Anstrengung, die manchem Politikaster offenbar zu groß ist.

Montagabend wissen wir mehr.

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