Die diplomatische Salami

Noch vor wenigen Wochen erklärten uns die politischen und wirtschaftlichen Besserwisser in jeder Dorfbar, dass es zur Bekämpfung der Krise nicht viel bringen würde, hier oder dort ein paar Steuern zu erhöhen oder Ausgaben zu senken. Was not tue, seien konsistente und nachhaltige strukturelle Einschnitte in die öffentlichen Ausgaben. Die es nach ihrer Meinung in Italien leider nie geben werde.

Vielleicht täuschen sie sich. Die Regierung Monti – die sicherlich nicht unfehlbar ist, aber bei ihren Initiativen doch Mut beweist – legte in diesen Tagen einen Plan vor, mit dem im Laufe von drei Jahren die Ausgaben um 26 Milliarden gekürzt werden sollen. Und zwar vor allem durch strukturelle Einschnitte im öffentlichen Bereich.

Als ob die Welt unterginge! Die Kritiken, die sich über die Regierung ergossen wie die Hagelbrocken eines Sommergewitters, kamen von allen Seiten. Beim schlechten Benoten der Regierung und bei der Verurteilung ihrer Politik gingen sogar der Unternehmerverband Confindustria und der linke Gewerkschaftsverband CGIL eine überraschende Allianz ein. Einschnitte ja, aber woanders und doch nicht so, das ist ihre Botschaft. Was leicht zu sagen, aber schwer zu machen ist. Denn in der öffentlichen Verwaltung haben sich Interessen und Widerstände eingenistet, die um jeden Preis von Einschnitten ausgenommen werden wollen. Wer es auch dieses Mal wieder schafft, die realen Ausgaben hinter einem Rauchvorhang zu verstecken und gegenüber Regierung und Parlament Verwirrung zu stiften, hat die Chance, auch diese Heimsuchung unbeschadet zu überstehen. Vorausgesetzt, die eigene Lobby ist stark und einflussreich.

Nehmen wir zum Beispiel das Außenministerium. Schon vor einigen Monaten begann es, Schützengräben auszuheben und ihre Diplomaten und ihr Verwaltungspersonal auf den Widerstand gegen alle Kürzungen einzuschwören. Eine Art Ad-hoc-Kommission, die vor allem aus Vertretern des diplomatischen Dienstes und der politischen Parteien bestand, verkündete, dass es beim Budget des Außenministeriums keine Einsparungen geben dürfe, weil es sonst seine Aufgaben nicht mehr erfüllen könne. Im Abschlussbericht war zu lesen, wie gering die Ausgaben des Ministeriums im Vergleich zu den anderen europäischen Ländern seien, um dann schließlich noch ein paar Kürzungsmöglichkeiten darzulegen, mit denen sich die „Qualität“ (und wir erlauben uns den Zusatz: die Einkommen) des diplomatischen Dienstes erhalten ließen.

In den alten bäuerlichen Familien war die Salami die letzte Notreserve. In Krisenzeiten holte man sie aus dem Keller, schnitt sie in Scheiben und sättigte mit ihr billig die Familie. Die Salami des italienischen Außenministeriums waren schon immer die schulischen und kulturellen Auslandsaktivitäten und die internationale Zusammenarbeit. Jedem Versuch, auch dieses Ministerium in irgendwelche Sparprogramme einzubeziehen, setzte es einen Widerstand entgegen, den man „sanft und zielgerichtet“ nennen könnte. Indem es dann stets dem Finanzministerium eine mehr oder weniger dicke Scheibe von den Ressourcen anbot, die für schulische und kulturelle Zwecke oder für die Zusammenarbeit bestimmt waren. Zum Ausgleich dieses „Opfers“ konnten dann die Diplomatengehälter fast immer unangetastet blieben. Wir schreiben „fast immer“, weil wir uns an eine Meisterleistung des Ministeriums erinnern: Als 1993 die Regierung Amato im Amt war, gab es einen Finanzminister Carlo Azeglio Ciampi, der das Außenministerium zwang, bei seinem gesamten Personal lineare Gehaltskürzungen hinzunehmen. Woraufhin es dem Ministerium im Laufe weniger Jahre gelang, das Ersparnisziel dadurch zu unterlaufen, dass es das gesamte Verwaltungspersonal in höhere Gehaltsklassen versetzte und für die Diplomaten neue Generaldirektionen und Büros und somit weitere Führungsposten schuf. Alle waren zufrieden, Mannschaften wie Offiziere.

Wird es Mario Monti schaffen, sich gegenüber der Diplomaten-Lobby durchzusetzen? Schwer zu sagen. Auch jetzt hat sich diese frühzeitig und mit großer Entschlossenheit in Stellung gebracht. Das Ziel ist es, die Parlamentarier von rechts und von links davon zu überzeugen, dass einem Dienst, der sich selbst zur Weltspitze erklärt, niemand Opfer abverlangen dürfe. Der Widerspruch wird schon leiser: ein paar kritische Artikel gegen die Diplomaten-Kaste, vor allem in der Zeitung „Il Fatto Quotidiano“, und vereinzelte Initiativen von ein paar PD- und Lega-Abgeordneten, die schon seit längerem eine Kürzung der Vergütungen für Staatsbedienstete im Ausland fordern. Einer von ihnen, der PD-Senator Micheloni, hatte sogar die Kühnheit, im Senat nicht nur eine derartige Kürzung um 15 % vorzuschlagen, sondern auch zu fordern, die realen Vergütungen für die Mitarbeiter des Außenministeriums inner- und außerhalb Italiens transparent zu machen. Wobei Micheloni durchblicken ließ, wegen dieser Forderungen bereits „schwerwiegenden Pressionen“ ausgesetzt zu sein.

Pressionen, die bis zur endgültigen Entscheidung über die Ausgabenkürzungen noch weiter anwachsen werden. Wahrscheinlich wird es auch diesmal dem Außenministerium gelingen, Einschnitte bei seinem Budget zu verhindern. Und falls dies nicht ganz gelingen sollte: Es gibt immer noch die Salami im Keller, von der sich etwas opfern lässt …

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