Benzinkanister vor der Tür
In der mittelitalienischen Stadt Ferrara wurde jüngst zum ersten Mal ein „Premio Giorgio Bassani“ verliehen“. Damit will ITALIA NOSTRA, eine Organisation, die sich den Schutz der italienischen Landschaft und Kunstdenkmäler zum Ziel gesetzt hat, Journalisten ehren, die sich ganz besonders in diesem Sinne engagiert haben. Eine mit ITALIA NOSTRA vergleichbare Organisation gibt es in Deutschland nicht. Gegründet wurde sie 1953 von einem kleinen, eher elitären Kreis von antifaschistischen Bürgern, zu denen u.a. Mitglieder der Familie des Philosophen Benedetto Croce und eben auch der Schriftsteller Giorgio Bassani („Die Gärten der Finzi Contini“ ) gehörten. Parallel zu dem Aufstieg der Parvenüs und Ego-Kapitalisten um Silvio Berlusconi schwand immer mehr auch der politische Einfluss des alten republikanisch gesinnten Stadtbürgertums, das aber noch viele der in Italien verbreiteten Literaturpreise sponsert und organisiert.
Mit der Verleihung des ‚Premio Bassani’ an den sizilianischen Journalisten Antonio Mazzeo hat ITALIA NOSTRA ein starkes Zeichen des zivilen, bürgerlichen Widerstands gegen den weiteren Ausverkauf der Landschaft und gleichzeitig gegen die ‚organisierte Kriminalität’ gegeben. Mazzeo hat in den vergangenen Jahren mit großer Kontinuität und oft auch Zivilcourage vor allem über die Bau-Mafia in seiner Heimatstadt Messina recherchiert. Zuletzt veröffentlichte er ein Buch mit dem Titel „I Padrini del Ponte“ (die Paten der Brücke), in dem er detailliert die mafiosen Interessen im Zusammenhang mit dem von der Berlusconi-Regierung geplanten Bau der Brücke über die Meerenge von Messina aufdeckt. Er, so formulierte es Mazzeo in großer Bescheidenheit bei der Entgegenahme des Preises, sei in diesem Kampf gegen die Mafia gar nicht so wichtig. Seine Aufgabe sei es doch nur, den vielen Anti-Mafia-Initiativen mit guten und verlässlichen journalistischen Recherchen zu helfen. „Ich widme diesen Preis den vielen ‚Unsichtbaren’, jenen oft sehr jungen Journalisten, die freiwillig, ohne jedes Honorar und nicht selten bedroht von der Mafia in kleinen Zeitungen oder im Internet über das organisierte Verbrechen berichten.“ Und dann erinnerte Antonio Mazzeo auch an die Kollegen im benachbarten Kalabrien, die einem brutalen Druck durch mafiose Clans ausgesetzt seien. Dort werden Dutzende von Journalisten von der ‚Ndrangheta bedroht, wenn sie über die Machenschaften der Mafia berichten. Und die mit dem organisierten Verbrechen mehr oder weniger direkt verbundenen Politiker üben massiven Druck auf Verleger aus, damit die Wahrheit über ihre Verstrickungen nicht ans Tageslicht kommt. Wenn ein Journalist einen gefüllten Benzinkanister vor seiner Haustür entdeckt, weiß er, dass er sich im Fadenkreuz befindet. Wenn er dann weiter über die mafiosen ‚Familien’ berichtet, muss er wissen, was das für ihn bedeuten kann. Lässt er hingegen in Zukunft die Finger von dem heißen Thema Korruption, hat die ‚Ndrangheta ihr Ziel erreicht.
Es ist endlich an der Zeit, so Antonio Mazzeo in einem Gespräch am Rande der Preisverleihung in Ferrara, dass man auch jenseits von Italien die Lebensgefahr zur Kenntnis nimmt, in der sich Journalisten befinden, die sich von der Mafia nicht bei ihrer Arbeit einschüchtern lassen.