Vorwahlen bei Mittelinks: der Tanz ist eröffnet

Im nächsten Frühjahr finden Parlamentswahlen statt und noch ist unklar, wer die Spitzenkandidaten im linken wie im rechten Lager sein werden. Von B. kommen widersprüchliche Botschaften. Die letzte lautete: „Ich verzichte auf eine Kandidatur, um eine Mitterechts-Einheit gegen die Kommunisten (sic) zu ermöglichen“. Wer ihn kennt, zweifelt. Wahrscheinlich wird er den Ausgang des Streits um das Wahlgesetz abwarten und dann endgültig entscheiden, in welcher Rolle er am besten mitmischen kann.

Wettstreit um Spitzenkandidatur innerhalb der PD

Im linken Lager positionieren sich die Bewerber um die Spitzenkandidatur, die Entscheidung soll bei Vorwahlen im November fallen. Aussichtsreichster Kandidat ist Bersani, Generalsekretär der PD, doch er hat einen gefährlichen innenparteilichen Konkurrenten bekommen: den jungen, forschen Bürgermeister von Florenz, Matteo Renzi, genannt „der Verschrotter“. Verschrotten will Renzi die alte Parteinomenklatur, von D‘ Alema bis Veltroni, von Rosy Bindi bis Franceschini. Es sei Zeit für einen Generationenwechsel und eine Modernisierung der Partei, welche überholte Fronten zwischen „links“ und „rechts“ aufbricht.

Matteo Renzi: jung und frech

Renzis Kandidatur hat Sprengkraft, vor allem innerhalb des eigenen Lagers. Sein politisches Programm ist vage (und zum Teil widersprüchlich). Er schmückt sich gerne mit neoliberalen Positionen, ist bekennender Monti-Fan und wirbt offen um die Gunst von rechten Wählern, die von B. und seiner verkommenen PdL enttäuscht, wenn nicht gar angewidert sind. Er ist rhetorisch schlagfertig und scheut keine populistischen Auftritte, so dass ihm auch Nichtwähler und Anhänger von Grillo und Di Pietro Sympathien entgegenbringen.

Bersani: der neue Regierungschef?

Ganz anders Bersani, im Auftreten wie im politischen Kurs. Im Stil eher nüchtern-pragmatisch, spricht er sich politisch dafür aus, nach einem Wahlsieg von Mittelinks am Sparkurs festzuhalten, aber mit deutlichen Korrekturen an der Monti-Agenda in Richtung soziale Gerechtigkeit.

Der Wettkampf zwischen Bersani und Renzi hat sich in den letzten Wochen zugespitzt und könnte für die PD zur Zerreißprobe werden. Bersani-Anhänger warnen, ein Sieg von Renzi könnte für die PD und die gesamte Linke zerstörerisch sein. Er liebäugele nicht nur mit neoliberalen Positionen und B.s Wählern, sondern auch mit B. selbst. Tatsächlich umgarnen B. und andere PdL-Führer den PD-Kandidaten mit unverhüllten Sympathiebekundungen: „Er ist in Wirklichkeit einer der Unseren“, erklären sie erfreut, und werde bestimmt im Fall einer Niederlage bei den Vorwahlen ins rechte Lager überlaufen.

Bei soviel herzlicher Zuwendung aus der rechten Ecke fragen sich manche, ob es sich vielleicht um eine tödliche Umarmung handelt, die einen auch für sie gefährlichen Kandidaten im Mittelinks-Lager diskreditieren soll. Renzi-Kritiker in der PD befürchten eher, dass sich Anhänger der Rechten – als „trojanische Pferde“ – an den Vorwahlen des Linksbündnisses beteiligen, um Renzi zum Sieg gegen Bersani zu verhelfen. Umso heftiger wurde über Regeln dafür diskutiert, wer sich an den Vorwahlen beteiligen darf: Die Bersani-Fraktion plädiert für klare Regeln, während Renzi eine größtmögliche Öffnung (auch nach Rechts) möchte. Es endete am 6. Oktober bei einer nationalen Versammlung der PD mit einem Kompromiss: An den Vorwahlen beteiligen kann sich jeder, der sich (auch direkt am Wahltag) registrieren lässt und erklärt, das Wahlprogramm der Mitte-Links-Koalition zu unterstützen.

Vendola, der Kandidat von außen

Noch komplizierter wird die Lage dadurch, dass neben Bersani und Renzi vier weitere Bewerber antreten, unter ihnen ein politisches Schwergewicht: Nichi Vendola, der populäre Leader von „Sinistra Ecologia e Libertà“ und Präsident der Region Apulien.

Vendola: der Linke aus Apulien

Er tritt als linke Alternative sowohl zu Renzi als auch zu Bersani an, mit scharfer Kritik an Monti und seiner Agenda. Seine Botschaft richtet er nicht nur an die eigenen Anhänger und Sympathisanten der radikalen Linken, sondern auch an PD-Wähler, die mit der Unterstützung der Monti-Regierung durch ihre Partei hadern und Koalitionen mit Casinis Zentrum – oder gar Resten der PdL – ablehnen.

Noch liegt Bersani bei den Umfragen deutlich vorn, aber es gibt Verschiebungen: Renzi wie auch Vendola haben in den letzten Tagen zugelegt. Nach einer RAI 3-Umfrage vom 8. 10. würden bei den Vorwahlen 40 % Bersani wählen, 31 % Renzi und 21 % Vendola (und die übrigen Bewerber zwischen 2 – 4 %).

Der Tanz ist eröffnet und der Ausgang wird darüber entscheiden, welchen Kurs das Mitte-Links-Bündnis ansteuern wird und wer seine Tanzpartner bei den Parlamentswahlen im Frühjahr sein werden.

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