Die sieben Gegenvorschläge der PD

Bersani, der Generalsekretär der oppositionellen PD, fasste in der „Repubblica“ das Sparpaket der Regierung so zusammen: „Es zahlen wieder diejenigen, die schon immer zahlten, und jene, die noch nie gezahlt haben, brauchen es auch weiterhin nicht “. Womit er mit letzteren vor allem die Vermögenden und die Steuerhinterzieher meint, zu denen auch viele Selbständige gehören.

Ihre Kritik am Sparpaket konkretisierte die PD jetzt in einem sieben Punkte umfassenden Gegenvorschlag:

  1. Einmaliger steuerlicher Abzug von 20% (statt wie bisher max. 5%) bei Kapitalen, die illegal ins Ausland transferiert und aufgrund der von der Regierung erlassenen Amnestie wieder zurückgeführt wurden.
  2. Konsequentes Vorgehen gegen Steuerhinterzieher, u. a.: Transparenz von Zahlungen schon ab 1000 Euro (gegen Geldwäsche); Pflicht zur Führung einer Zulieferer- und Kundenkartei; Pflicht zur Angabe des gesamten Vermögens (und nicht nur des Einkommens wie bisher) in der jährlichen Steuererklärung.
  3. Einführung einer stark progressiven Vermögenssteuer für Immobilien anhand ihres realen Marktwertes (und nicht, wie bisher, aufgrund des im Katasteramt eingetragenen, meist viel niedrigeren Werts).
  4. Fünfjahresplan zur Veräußerung öffentlicher Immobilien, in Abstimmung mit den Regional- und Kommunalverwaltungen.
  5. Liberalisierungen, u. a: Öffnung der sog. freien Berufe, die zurzeit keineswegs „frei“ sind (Rechtsanwälte, Apotheker, Taxifahrer), Stärkung des privaten Wettbewerbs bei Dienstleistungen von Energieanbietern, Krankenkassen und Lokalverwaltungen.
  6. Maßnahmen zur Wirtschafts- und Beschäftigungsförderung, insbesondere im Bereich der erneuerbaren Energien, der Technologie und Forschung, mit dem Mezzogiorno als Schwerpunkt und in enger Abstimmung mit den Tarifpartnern.
  7. Reduzierung der Kosten von öffentlicher Verwaltung und Politik, u. a.: Halbierung der Abgeordnetenzahl und der Provinzen, Zusammenlegung kleiner Kommunen, Verschlankung der bürokratischen Apparate in Regionen, Provinzen und Kommunen, Reduzierung bzw. Zusammenfassung der zahllosen öffentlichen und halbstaatlichen Institute und Gesellschaften.

Einige Punkte, wie die Auflösung kleiner Provinzen und Kommunen, enthält auch der Sparplan der Regierung. Deutlich andere Akzente setzen vor allem die Vorschläge zur Besteuerung von Vermögenden und zur Ankurbelung der Wirtschaft, die im Sparpaket von B. und Tremonti nicht auftauchen.

Ob diese Gegenvorschläge Zugkraft entwickeln, ist fraglich. Weder bei den anderen Oppositionsparteien noch bei den drei Richtungsgewerkschaften CGIL, CISL und UIL gibt es Einigkeit über die konkrete Bewertung des Sparpakets der Regierung und dessen kritische Punkte. So wendet sich Casini vom „Terzo Polo“ gegen den vorgesehenen „Solidaritätsbeitrag“ für Einkommen ab 90.000 Euro und befürwortet stattdessen eine Erhöhung der Mehrwertsteuer, signalisiert aber Verhandlungsbereitschaft. Vendola, dessen SEL im Parlament derzeit nicht vertreten ist, nennt das ganze Sparpaket „eine Kriegserklärung an das italienische Volk“ und lehnt (ohne konkrete Gegenvorschläge) Verhandlungen rigoros ab .

Doch auch innerhalb der Regierungsparteien ist der Streit voll entbrannt: Die einen sind gegen den „Solidaritätsbeitrag“, die anderen (vor allem Regionalpolitiker und Bürgermeister) wettern gegen die Abschaffung von Provinzen und Kommunen. Und einige Abgeordnete aus dem Süden, die einen Kahlschlag in ihren Regionen befürchten, drohen, im Parlament gegen die eigene Regierungsmehrheit zu stimmen.

Die wirkliche Frage ist, wie die Italienerinnen und Italiener im Herbst reagieren werden. Noch lähmt die Ferienhitze eine breite Widerstandsbewegung. Aber der August ist bald vorbei. Dann nahen die Herbststürme.

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