Veneter zuerst!

Luca Zaia, Präsident der Region Venetien und profilierter Vertreter der Lega Nord, ist hell begeistert: Im Entwurf für ein neues Regionalstatut erhält sein erfolgreiches Wahlmotto „Veneter zuerst!“ endlich Gesetzesrang.

Im Artikel 4 des jetzt von der Koalition aus PdL und Lega verabschiedeten Entwurfs heißt es:

„Die Region setzt sich besonders für diejenigen ein, die eine besondere Bindung zum Regionsgebiet aufweisen“.

Federico Caner, Lega-Vertreter und einer der Unterzeichner des Entwurfs, erläutert die seltsame Definition:

„Mit denjenigen, die eine besondere Bindung zum Regionsgebiet aufweisen, sind auch Nicht-Veneter gemeint, die seit langer Zeit – sagen wir seit mindestens 15 Jahren – in die Region integriert sind und hier einer regulären Arbeit nachgehen“.

Aha. In die Praxis übersetzt heißt das, dass zum Beispiel bei Stellenausschreibungen oder bei der Wohnungsvergabe nicht fachliche oder soziale Kriterien ausschlaggebend sind, sondern die Zugehörigkeit zum „Popolo veneto“ (was das auch immer sein mag) oder alternativ eine erwiesene mindestens fünfzehnjährige Liebe zur Region Venetien. Für alle anderen – ob aus anderen Regionen Italiens, der EU oder erst recht aus Nicht-EU-Ländern – heißt es: bitte hinten anstellen. Die Region und ihre Regierung fühlen sich für sie nicht zuständig. Steuern zahlen an die Region und deren Kommunen, das dürfen sie schon, aber gleiche Rechte? Das fehlte noch. Sollen sie doch froh sein, dass sie im gesegneten Veneto leben und zum Wohle des venetianischen Volkes beitragen dürfen.

Mit der italienischen Verfassung ist der neue Entwurf übrigens inkompatibel. Dort heißt es im Artikel 120 :

„ Die Region darf weder… Maßnahmen ergreifen, die in irgendeiner Weise die Freizügigkeit von Personen und Gütern zwischen den Regionen behindern, noch das Recht auf Ausübung einer Arbeit in irgendeinem Teil des Nationalgebietes einschränken.“

Doch was kümmert die Vertreter der Regierungskoalition schon die Verfassung oder die nationale Einheit. Hat Berlusconi nicht oft genug die Verfassung als lästigen Ballast („sowjetischer Prägung“!) bezeichnet, der schleunigst geändert werden muss? Und zum Thema nationale Einheit hat der Lega-Führer und (auf die Verfassung vereidigter) Minister Bossi in dem ihm eigenen dezenten Stil wie folgt Stellung genommen: „Mit der italienischen Fahne wische ich mir den Ar…“

Die gesamte Opposition erhebt ihre Stimme gegen den Entwurf. Leoluca Orlando, ehemaliger Bürgermeister von Palermo und Vertreter der „Italia dei Valori“ von Di Pietro, bezeichnet ihn als „rassistisch und separatistisch“. Davide Zoggia von der PD verweist auf den populistischen Charakter des Entwurfs, der „nur von den realen Problemen und von der Wirtschaftskrise ablenken soll“. Und der Fini-Anhänger Della Vedova nennt das Vorrangprinzip für Veneter schlicht „unvernünftig“. Doch die Lega weiß, dass die große Mehrheit in der Region hinter ihr steht und ihren Kurs unterstützt. Und sie weiß auch, dass ihr Koalitionspartner, Berlusconis Partei „Popolo della Libertà“, nach dem Bruch mit Fini von ihr abhängiger denn je ist. Und jede rechtspopulistische Sauerei bereitwillig mitmacht.

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