Berlusconis Stützen (2): die EVP

Wenn man der „Repubblica“ glauben darf, war es ein Schauspiel, das dem deutschen Beobachter den Magen umdrehen musste: Während des EU-Gipfeltreffens in Brüssel gab es am 16. Dezember ein Essen der EVP-Führer. Als B. erschien, der eben zwei Vertrauensabstimmungen überstanden hatte, rauschender Applaus. Obwohl er diese Abstimmungen nur durch Stimmenkauf überstanden hatte. Obwohl er bekanntlich vor allem deshalb in die Politik ging, um sich vor der Justiz zu retten. Obwohl er mit Mafiosi befreundet ist und sein Amt nutzt, um in Italien die ihm lästige Rechtsstaatlichkeit aus den Angeln zu heben. Am Applaus beteiligte sich auch die deutsche Bundeskanzlerin.

B. soll sich angesichts des Beifalls aufgebläht haben wie ein Pfau und sich unter anderem damit gebrüstet haben, dass ihm jetzt, nach dem Sieg, bisher oppositionelle Abgeordneten gleich reihenweise zuliefen: „Ich habe schon eine Liste weiterer acht Parlamentarier in der Tasche, die ihre Meinung geändert haben und auf meine Seite kommen wollen“. Zwar hatten sich diese nach seiner Rückkehr in die Heimat schon wieder in Luft aufgelöst, aber die EVP-Führer waren erst einmal beeindruckt. Über die Mittel, die B. für die Übertritte einsetzte, musste ihnen schon einiges zu Ohren gekommen sein. Aber der Zweck heiligt die Mittel, auch bei der „christlichen“ EVP. Und so applaudierten sie eben dem lieben Silvio.

Aber Abgeordnetenkauf ist auch Ochsentour, denn sie kostet Geld (das B. allerdings hat) und erfordert Behutsamkeit (an der es B. und seinen Emissäre schon eher mangelt). Denn immerhin stehen Überläufer öffentlich nicht in bestem Ansehen, und der Vergleich der für den Ankauf eingesetzten Geldsummen (über die Tarife berichteten wir) mit den biblischen 30 Silberlingen kommt auch Italienern in den Sinn. Da fallen Übertritte noch manchmal schwer, weshalb den Leuten die Chance gegeben werden muss, sie als gute Tat für das „Gemeinwohl“ auszugeben. Etwa indem man die frisch Eingekauften erst einmal in eine sog. „Gruppe der Verantwortlichen“ zusammenfasst (der schöne Name war B.s persönliche Idee. Er weiß, wieviel auf die Verpackung ankommt).

Aber da diese Ankaufaktion nur stockend verläuft, hat B. jetzt noch einen Alternativplan ins Auge gefasst. Dabei kommt die EVP ins Spiel. Auf der Internet-Seite forzasilvio.it verkündete er kürzlich seinen Anhängern: „Ich beabsichtige…, die wahren Gemäßigten (Italiens) in einer einzigen großen politischen Kraft zu vereinen, die die italienische Sektion der EVP wäre“. Denn ist nicht auch Casinis UDC bereits in der EVP? B. würde so verschiedene Fliegen mit einer Klappe schlagen: Erstens könnte er mit dem EVP-Etikett den Druck erhöhen, damit aus dem „Dritten Pol“ als Konkurrenz zu Berlusconis PdL nichts wird. Zweitens würde er nun selbst entscheiden können, wer in dieses Haus eintreten darf – mit dem Kriterium der „wahren“ Gemäßigten könnte er persönlich auswählen. Casini, so hofft er, wäre auf diesem Weg einzusacken. Und Fini würde er, wenn überhaupt, nur reinlassen, wenn der auf Knien und mit gebrochenem Rückgrat käme. Auch der Vatikan möchte ja den unchristlichen Fini so klein wie möglich halten. Des Segens der EVP wäre er sich erst recht sicher. Ihr würde er die ganze Operation ja auch als ihren weiteren Zugewinn an Macht und Prestige verkaufen können.

Ist Silvio nicht „genial“? Die EVP applaudiert sowieso, und alle sind zufrieden.

Übrigens: Die EVP hat ja auch sonst keine Vorurteile. Viktor Orbans FIDESZ schaffte in Ungarn gerade die Pressefreiheit ab. Natürlich ist und bleibt auch sie Mitglied der EVP. Eine illustre Gesellschaft. Darauf kann auch B. bauen.

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