Berlusconis Stützen (1): der Vatikan

Wir berichteten kürzlich unter „Aktuell“, dass sich nach der Vertrauensabstimmung die drei kleineren Parteien der politischen Mitte FLI (Fini), UDC (Casini) und API (Rutelli) auf die Bildung eines sog. „Dritten Pols“, des „Polo della Nazione“ verständigt haben. Wer – wie auch ich – einen Hoffnungsschimmer sah, dass es nun mit B. politisch zuende geht, hat sich möglicherweise getäuscht. Zwei nicht zu unterschätzende Helfer B.s haben sich in den letzten Wochen wieder in den Vordergrund geschoben, die ihn in Wahrheit schon immer stützten und es nun schaffen könnten, ihn auch bis zum Ende der Legislaturperiode an der Macht zu halten. Es sind die Katholische Kirche und die Europäische Volkspartei (EVP).

Beginnen wir mit der Katholischen Kirche, genauer: mit dem Vatikan. Man reibt sich die Augen: Gab es da nicht erst im Sommer 2009 einen harten Konflikt, als die italienische Bischofszeitung „Avvenire“ B. vorsichtig wegen seines Lebenswandels (Drogenparties, Minderjährige usw.) kritisierte? Worauf B. durch seine Zeitung „Giornale“ kolportierte, der Chefredakteur des „Avvenire“ (Boffo) sei schwul und bedrohe die Frauen männlicher Geliebter. Die von B. entfachte Hexenjagd hatte den gewünschten Erfolg, Boffo trat entnervt zurück (Später dementierte der „Giornale“ die ganze Geschichte). Aber der Vatikan denkt in größeren Zusammenhängen, auch im Vergleich zur italienischen Bischofskonferenz, da müssen kleinliche Rachegelüste zurückstehen. Wichtiger ist die Überlegung, welche Regierung längerfristig eher im katholischen Interesse liegt: ein vom Laizismus mit geprägter „Dritter Pol“, der Distanz zur Kirche hält, oder eine von B. geführte Regierung, die – aus politischer Opportunität – Konflikte mit ihr zu vermeiden sucht. Und da neigt sich die Waage in Richtung B.

Obwohl sich der Vatikan offiziell aus der italienischen Politik heraushält, mischt er sich doch massiv ein. So ließ er jetzt unverhohlen seine Vorbehalte gegen die Geburt des „Dritten Pols“ durchblicken. Casinis katholische UDC, das eine Standbein des neuen Pols, ist dem Vatikan lieb und teuer. Der Vorbehalt richtet sich gegen Fini, den bekennenden Laizisten, der sich in Fragen der Familienpolitik (er erkennt die Schwulen-Ehe an!) und der Bioethik allzu weit von der katholischen Lehre entfernt hat. Eine politische Ehe von Finis FLI mit der UDC erscheint da inopportun.

So riefen verschiedene Kardinäle in den letzten Tagen wiederholt „alle verantwortlichen politischen Kräfte“ – und der Adressat war hier insbesondere die UDC – dazu auf, angesichts der prekären Situation des Landes „alles Trennende zu überwinden“. Man weiß, damit ist zuallererst das „Trennende“ zu B. gemeint. Dem das zupass kommt, denn er erhält damit eine Chance mehr, den verhassten Fini zu isolieren. Nach den Signalen aus dem Vatikan verdoppelt er nun seine Anstrengungen, die UDC ins eigene Lager zu ziehen. Wenn der Vatikan in die gleiche Richtung schiebt, umso besser. Denn zum Glück ist die UDC für die Ratschläge der Kirche durchaus empfänglich.

Einen ersten Erfolg kann der vereinte Druck von B. und Vatikan schon verbuchen: Casini erklärte, die Berlusconi-Regierung bei notwendigen Reformvorhaben unterstützen zu wollen. Zwar will er dazu den „Dritten Pol“ nicht wieder auflösen, den er gerade eben erst mit gegründet hat. Aber er will B. „von außen“ unterstützen – wobei er auf die USA verweist, wo gegenwärtig ja auch einige kooperationsbereite Abgeordnete der Republikaner Obama unterstützten. Außerdem müsse ihn B. schon darum „bitten“. Da wird sich B. nicht lange zieren, er gab bereits zu erkennen, dass er das Angebot zu schätzen weiß. Hauptsache, es eröffnet ihm die Möglichkeit, im Amt zu bleiben. Auch den Vergleich mit Obama wird er gern hinnehmen. Er hält sich sowieso für den bedeutendsten Staatsmann der Welt.

Aber B. hat einen Plan in der Hinterhand, wie er Casini noch enger an sich binden kann. Dazu braucht er außer dem Vatikan auch noch die EVP. Das ist Thema des nächsten Beitrags.

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