„Padanische“ Schulen?

Die Lega schreitet voran auf dem Weg der Spaltung in Nord und Süd, arm und reich, „Einheimische“ und Migranten. Die Schulen sind dafür der richtige Schauplatz. Internationale Öffnung der Bildung, vereintes Europa, Anforderungen der Globalisierung? Nichts da! Um die sprachliche und kulturelle Reinheit der vermeintlichen „Padania“ zu gewährleisten, schlug Paola Goisio, Lega-Vertreterin im Kultusausschuss der Abgeordnetenkammer, die Einführung eines „Eignungstests“ für Lehrer vor, und zwar

„ über die Kultur, die Traditionen und den Dialekt der Regionen, in denen sie unterrichten möchten. Es ist doch ein Ding der Unmöglichkeit, dass der größte Teil der Lehrer, die in Norditalien unterrichten, aus Süditalien stammt“.

Das ging dem Koalitionspartner PdL und sogar einigen Lega-Mitstreitern nun doch etwas zu weit. Also kein „Test“, aber das Regierungslager einigt sich auf „Regionale Ranglisten“ für Bewerber um eine Schulstelle. Diese bevorzugen „einheimische“ Lehrer: Die Bewerber müssen einen Aufenthalt in der betreffenden Region nachweisen und sich verpflichten, für mindestens fünf Jahre keinen Versetzungsantrag zu stellen. Pluspunkte erhalten Bewerber, die in der Region bereits einige Jahre unterrichtet haben. Also: Kinder in der Lombardei sollen durch lombardische Lehrer unterrichtet und möglichst nicht durch apulische oder – Gott behüte – sizilianische Lehrer verdorben werden.

Zur „padanischen“ Logik gehört es auch, wenn der venetianische Regionspräsident bei der Einweihung einer Grundschule nahe Treviso das Abspielen der italienischen Nationalhymne verbietet und stattdessen Verdis Gefangenenchor („Nabucco“) verordnet. Das wäre zwar aus musikalischen Erwägungen durchaus nachvollziehbar (die Nationalhymne ist nicht gerade ein Ohrenschmaus, der Text hirnrissig…), die spielten aber für den Lega-Mann keine Rolle. Ihm ging es um das politische Signal.

Während die genannten Beispiele noch groteske Züge haben, über die man schmunzeln könnte, beweisen die norditalienischen Kleinstädte Andro und Montecchio Maggiore, dass es für Teile der Bevölkerung unter der Lega-Herrschaft wenig zum Lachen gibt. Dort wurden Grundschulkinder dafür bestraft, dass ihre Eltern mit der Zahlung der Mensa-Beiträge im Rückstand waren. In Montecchio gab man den Kindern anstelle des Mittagessens Wasser und ein Stück Brot, in Andro wurden sie schon am Mensaeingang abgewiesen und nach Hause geschickt. Die „Strafe“ betraf sowohl bedürftige italienische Kinder als auch – und vor allem – Migrantenkinder. Der Lega-Bürgermeister von Andro, Oscar Lancini, begründete die „Erziehungsmaßnahme“ im Brustton der Überzeugung damit, dass er vor allem an „seine Leute“ (will sagen: zahlungskräftige „Einheimische“) denken müsse. Der gleiche Bürgermeister hatte zuvor die „Extracomunitari“ grundsätzlich vom Anspruch auf Gutscheine für Bedürftige ausgeschlossen, die von der Region ausgegeben werden, und ein „Kopfgeld“ für die Denunziation illegaler Immigranten ausgelobt. Erschütternd war übrigens (in einer Santoro-Fernsehsendung zum Thema Andro) der Auftritt mehrerer italienischer „Mamme“, die mit großer Aggressivität den Mensaausschluss verteidigten. So hasserfüllt, dass der – durchaus erfahrene – Reporter vor Ort live verkündete, er sei mit den Nerven am Ende, so etwas habe er noch nicht erlebt.

Doch sogar im Land der Lega gibt es andere Stimmen. Ein Unternehmer aus Andro, der anonym bleiben will, hat für die bedürftigen Familien die Mensabeiträge mit einer Spende übernommen. In einem öffentlichen Brief begründet er seine Entscheidung u. a. so:

„Die 40 Kinder, die von der Mensa ausgeschlossen wurden, werden in 20-30 Jahre noch in unserem Land leben… Sie werden diejenigen sein, die uns Alten dann die Windeln wechseln. Was, wenn sie dann nicht vergessen haben, was ihnen heute geschah? Was, wenn sie uns dann nicht mehr die Windeln wechseln wollen? Sagt bitte nicht, unsere eigene Kinder werden es dann tun, wo ihr ihnen doch gerade beigebracht habt, was Solidarität bedeutet“.

Für die „Mamme“ war diese Spende nur ein neuer Empörungsgrund.

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