Ein ganz wichtiger Tag

Der 25. April ist in Italien ein ganz wichtiger Tag, nämlich der Tag der Befreiung von der Nazi-Besatzung zwischen 1943 und 1945. Bis 1943 war das faschistische Italien unter Benito Mussolini mit Hitler-Deutschland verbündet, aber dann haben die Italiener einen einseitigen Waffenstillstand mit den Alliierten geschlossen und die Front gewechselt. Die Rache der Nazis folgte auf dem Fuße: Italien wurde besetzt, der abgesetzte und verhaftete Mussolini auf Befehl Hitlers befreit und als Chef einer Marionettenregierung mit Sitz am Gardasee eingesetzt. Das war die Stunde der „Resistenza“, des Widerstandes. Die italienischen Partisanen bekämpften die Nazis und zwangen sie am 25. April 1945, Mailand aufzugeben und den Rückzug anzutreten.

Doch nicht alle Italiener waren Partisanen, einige waren überzeugte Faschisten und haben für Mussolini an der Seite der Nazis gekämpft. Ihnen oder ihren nachkommen sind die Gedenkfeiern für die gefallenen Partisanen, die in ganz Italien stattfinden, ein Dorn im Auge. „Es ist viel Zeit vergangenen und vieles hat sich verändert. Es hat eine kulturelle Revolution stattgefunden, die alles in Frage stellt“, sagt die Partisanentochter Anetta Pollero. Den Beginn dieser Revolution datiert der Schweizer Historiker Aram Mattioli auf das Jahr 1994, als Silvio Berlusconi zum ersten Mal Regierungschef wurde und mit den Rechten koalierte. Seitdem findet eine Geschichtsklitterung statt, die in Europa ihresgleichen sucht.

Der Faschismus wird entfaschisiert. Mit anderen Worten: die Leute haben gar keine Ahnung mehr, was die faschistische Diktatur eigentlich war. Es ist ein repressives, verbrecherisches Regime gewesen, Mussolini ist ein Massenmörder gewesen, der für den Tod einer Million Menschen die Verantwortung trägt, aber hochrangige Politiker bestreiten dies“, sagt Aram Mattioli. Silvio Berlusconi hat beispielsweise im Sommer 2003 gesagt, das faschistische Regime hätte nie jemanden umgebracht und seine Gegner „zum Urlaub machen“ auf die Inseln verbannt. Aram Mattioli hat eine Forschungsarbeit über den Umgang mit der Vergangenheit im heutigen Italien veröffentlicht. Das Buch trägt den Titel: „Viva Mussolini, Die Aufwertung des Faschismus im Italien Berlusconis“ und enthüllt die Mechanismen, mit denen das rechte Regierungsbündnis den Gründungsmythos der „resistenza“ untergräbt und die faschistische Diktatur verharmlost. Beispiele gibt es genug. Tourismusministerin Michela Brambilla etwa, die ihre Gesinnung auf einem Carabinieri-Fest im vergangenen Mai öffentlich kundtat, als sie den rechten Arm zum Hitler-Gruss ausstreckte oder Roms aktueller Bürgermeister Gianni Alemanno, der früher als rechtsextremer Schläger bekannt war. Auf lokaler Ebene gibt es Politiker aus der rechten Ecke, die sich weigern, Strassen nach Helden des Widerstandes zu benennen und gar Gedenktafeln für die Gefallenen fordern, die damals an der Seite der Nazis gegen die Partisanen gekämpft haben.

Das alles müsste am 25. April angesprochen werden. Und vieles mehr: die geballte Medienmacht in der Hand Berlusconis, seine Attacken gegen die Justiz, seine Versuche, mit Regierungsdekreten am Parlament vorbeizuregieren. Aber wird Staatspräsident Giorgio Napolitano den Mut dazu haben?

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