Sieg der Lega (1)

Wir sind es gewohnt, dass es nach jedem Wahlkampf nur Sieger gibt. In Deutschland wie in Italien. Den Eindruck erwecken zumindest die Erklärungen der Parteien. Allerdings haben die kürzlichen Regionalwahlen in Italien einen Sieger, dem dieser Titel zu Recht zukommt und die ihm auch niemand streitig macht: die Lega Nord.

Umberto Bossis Partei hat überall ihren Stimmenanteil erhöht und in zwei wichtigen Regionen wie Veneto und Piemont das Präsidentenamt errungen, wobei sie in Piemont das bisher regierende Mitte-Links-Bündnis aus dem Feld schlug. Man könnte einwenden, dass die Lega Nord im Vergleich zu den Europawahlen im Jahr 2008 insgesamt 117 000 Stimmen (- 4,1 %) und im Vergleich zu den nationalen Wahlen von 2009 195 000 Stimmen (- 6,6 %) verloren hat, aber es ist ihr ohne Zweifel gelungen, die eigene Wählerschaft zu mobilisieren, und zwar besser als die anderen Parteien, die von der Wahlenthaltung gebeutelt wurden.

Als die Ergebnisse vorlagen, verlangte die Lega sofort, ein höheres Gewicht sowohl auf lokaler wie auf nationaler Ebene zu bekommen. Bossi meldete seine Kandidatur für den Mailänder Bürgermeister an, wollte den vakant gewordenen Posten des nationalen Landwirtschaftsministers mit einem Lega-Mann besetzen und erhöht den Druck, die Federführung bei den angekündigten Reformen zu übernehmen, wobei sie mit dem sog. „Steuerföderalismus“ beginnen will.

Die ersten beiden Forderungen waren wohl eher vorgeschoben, aber die zuletzt genannte Forderung hat eine strategische Bedeutung. Denn nur wenn die Lega beweist, dass sie in Sachen Föderalismus und territorialer Ressourcenverteilung die Führung hat, kann sie die Zustimmung ihres Wahlvolks erhalten und konsolidieren. Bossi und seine Gefolgsleute haben nie ein Geheimnis aus ihrer zentralen Reformidee gemacht: Die Regionen sollen selbst über die Ressourcen verfügen können, die in ihrem Territorium produziert wurden, und es soll in ihrer Hand liegen, welche Quote sie davon an den Staat weitergeben.

Um dieses Ziel zu erreichen, muss die Lega erst einmal die PdL von Berlusconi und Fini davon überzeugen und dann auch ein Übereinkommen mit der Opposition suchen, um zu verhindern, dass es darüber zu einer Volksabstimmung kommt, an der die Reform scheitern könnte. Bossi, der Minister für die Vereinfachung der Gesetzgebung Calderoli und Innenminister Maroni wissen sehr gut, dass dies alles nicht leicht durchzusetzen ist: Die Forderungen der Lega, welche die Interessen des italienischen Nordens denen von Mittel- und Süditalien entgegensetzt, untergraben nicht nur den Zusammenhalt der Regierungskoalition, sondern bei genauerem Hinsehen auch den des Gesamtstaats.

Es ist unwahrscheinlich, dass die vergleichsweise armen Regionen des Südens, die sicherlich nach den Plänen der Lega Nord eine Benachteiligung zu erwarten hätten, diese Forderungen akzeptieren können. Dies würde die Verarmung des Südens bedeuten. Es wird also kein leichter Weg für die Lega werden. Deshalb bieten sie als Gegenleistung zu dem Steuerföderalismus an, Berlusconis Wünsche nach dem „Presidenzialismo“ und – vor allem – nach einer Machteinbuße der Justiz zu befriedigen.

Da das Gesetzgebungsverfahren in Italien besonders mühselig ist, könnte es auf diesem Weg für Bossi und Co. noch einige Überraschungen geben. Fini befürchtet bereits, von einem Übereinkommen zwischen Berlusconi und Bossi in die Isolierung gedrängt zu werden, und wird dagegen seinen Einfluss geltend machen. Die Oppositionsparteien PD und IdV und die zentristische Casini-Partei werden versuchen, die Widersprüche innerhalb der Regierungskoalition zu nutzen, um ihr zurzeit ein wenig unklar gewordenes Profil zu schärfen. Zum Schluss könnte auch eine Reform herauskommen, die nicht mehr viel mit dem gemein hat, was die Lega anstrebt.

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